Kanzelrede in St. Nicolai: Mit Anna-Nicole Heinrich

Die Demokratie ist ein Segen

Anna-Nicole Heinrich hielt eine Kanzelrede in St. Nicolai

Lemgo. „Die Demokratie ist ein Segen. Doch sie bleibt darauf angewiesen, dass Menschen darin segensreich wirken. Es liegt an uns, wie die Demokratie mit Leben gefüllt wird. Nicht nur von der unantastbaren Würde von Menschen reden, sondern wir sind in der Verantwortung, sie zu leben und zu gestalten."

Deutliche Worte fand Anna-Nicole Heinrich, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), in ihrer Kanzelrede „Vom Segen der Demokratie“ in St. Nicolai, Lemgo. Die 28-jährige sprach am Donnerstag, 2. Oktober, auf Einladung der Lippischen Landeskirche und der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde St. Nicolai im Gottesdienst zu „75 Jahre Grundgesetz“.

Landessuperintendent Dietmar Arends und Superintendent Dr. Andreas Lange leiteten den Gottesdienst. Festliche Stimmung vermittelte die musikalische Gestaltung durch Kantor Frank Schreiber an der Orgel und das Bechbläserensemble „LIPPE Brass“ unter der Leitung von Landesposaunenwart Christian Kornmaul. „Wir sind dankbar, in einer Demokratie zu leben, mit einem Grundgesetz, das sich zur Menschenwürde und zu Menschenrechten bekennt. Wir erleben, dass das alles andere als selbstverständlich ist“, sagte Dietmar Arends in seiner Begrüßung.

Ähnlich wertete es auch Anna-Nicole Heinrich: „Schaue ich auf die politische Diskussion der vergangenen Monate, vermisse ich „Rückgrat“. Wie viel steckt hinter diesen großen Worten in unserer Verfassung wirklich? Wo wird Würde konkret? Menschenwürde heißt für mich, die Grenzen nicht zu schließen, Menschen nicht einfach abblitzen zu lassen. Von den Forderungen nach der Abschaffung des Rechts auf Asyl ganz zu schweigen.“ Die Demokratie sei verletzlich, so Heinrich weiter und stellt fest: „Trotz der Freude über 75 Jahre Grundgesetz habe ich Sorge: Die kräftigsten Worte einer Verfassung sind nichts wert, wenn wir nicht immer wieder für diese Worte in unserem Zusammenleben einstehen, sie konkret werden lassen.“ Wenn der Staat nicht seine eigenen Ansprüche einlöse, nicht wehrhaft Demokratiefeinden und Extremisten entgegentrete, oder sich nicht immer wieder der kritischen Kontrolle der Verfassungsgerichte, “dieser Bollwerke für die Grundrechte“, aussetze.

Der Gottesdienst mit der Präses der EKD-Synode fand in der Veranstaltungsreihe „75 Jahre Grundgesetz“ der Lippischen Landeskirche statt.

Am 13. Oktober geht es weiter um 10 Uhr in der Erlöserkirche am Markt in Detmold. Landessuperintendent Dietmar Arends predigt dort im Rahmen einer Predigtreihe der EKD zu den Grundrechtsartikeln über Artikel 11: „Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet“. Anschließend wird zum Kirchkaffee geladen.