Vorausweisende Utopie
Religionslehrer trafen sich zum Thema „Schöpfung und Schöpfungsverantwortung“
Der biblische Schöpfungsbericht berühre den Kern der Gottesbeziehung des Menschen, wies Treseler auf Aussagen Martin Luthers zum Thema hin. Deshalb solle es ein wesentliches Ziel des Religionsunterrichts sein, „dem Staunen über den Schöpfer und dem Lob Gottes Raum zu geben“. Mit Prof. Dr. Jürgen Ebach und Prof. Dr. Friedrich-Wilhelm Bargheer habe man kompetente Referenten für den Tag gewonnen, um Impulse für die Praxis des Religionsunterrichtes an lippischen Schulen zu vermitteln.
Der Theologe und Alttestamentler Jürgen Ebach verdeutlichte die heutige Bedeutung der vor etwa 2500 Jahren geschriebenen Schöpfungsgeschichte: „Die Verantwortungsfähigkeit und die Verantwortungspflicht des Menschen gegenüber der Welt finden hier ihren Ausdruck.“ Im Kontext seiner Zeit müsse der Schöpfungsbericht als „wissenschaftlich und durchdacht formuliert“ gelten. Anders als altorientalische Weltentstehungsmythen entzauberten die ersten Bibelkapitel Sonne und Mond als Götter und degradierten sie zu einer Art von Laternen. Der Glaube an einen unsichtbaren aber gegenwärtigen Gott trete an die Stelle der Verehrung einer Vielzahl von Göttern. Wenn im 1. Buch Mose von der Gottesebenbildlichkeit des Menschen die Rede sei, verweise dies, modern ausgedrückt, auf die unantastbare Würde des Menschen. Gott habe weder ein auserwähltes Volk noch einen hervorgehobenen König erschaffen, sondern „den Menschen als Mann und Frau“.
Obwohl die Schöpfungsgeschichte vom Anfang der Welt erzähle, müsse sie auch als vorausweisende Utopie gewertet werden, die als Gegenentwurf zu bestehenden Verhältnissen die jeweils gegenwärtige Realität in Frage stelle. Die gelungene Schöpfung vollende sich erst am siebten Tag, an dem Gott die Ruhe geschaffen habe. Der siebte Tag, so Ebach, sei gekennzeichnet durch das „Unterlassen in Freiheit und aus Freiheit“. An dieser besonderen Art des Unterlassens erkenne man den verantwortungsvollen Umgang mit der Schöpfung.
19.11.2010